25.07.08 WN - Urteil zum Feinstaub: Mehr Rechte für Bürger

Urteil zum Feinstaub: Mehr Rechte für Bürger


Urteil zum Feinstaub: Mehr Rechte für Bürger

Deutsche können künftig die Behörden dazu zwingen, einen Aktionsplan zur Verringerung der Umweltbelastung durch Feinstaub zu aufzustellen.
Deutsche können künftig die Behörden dazu zwingen, einen Aktionsplan zur Verringerung der Umweltbelastung durch Feinstaub zu aufzustellen.

Luxemburg - Deutsche können künftig die Behörden dazu zwingen, einen Aktionsplan zur Verringerung der Umweltbelastung durch Feinstaub zu erstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Freitag in Luxemburg entschieden.

Allerdings müssen die Mitgliedstaaten in einem solchen Aktionsplan keine Maßnahmen ergreifen, die dafür sorgen, dass die Feinstaub-Grenzwerte nicht überschritten werden. Nötig sei lediglich, die Überschreitung der Grenzwerte „auf ein Minimum“ zu verringern. (Rechtssache C-237/07)

Feinstaub: Überschreitungstage in NRW

Das höchste EU-Gericht gab einem Mann aus München Recht, der den Freistaat Bayern dazu verpflichten wollte, einen solchen Aktionsplan gegen die Feinstaubbelastung am viel befahrenen Mittleren Ring der Landeshauptstadt zu erstellen. Der Bürger hatte „kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen“ verlangt, damit die zugelassene Grenze von 35 Überschreitungen der Grenzwerte pro Jahr eingehalten werde.

In dem EuGH-Urteil heißt es, es sei mit dem „zwingenden Charakter“ der EU-Richtlinie zur Luftreinheit unvereinbar, wenn die betroffenen Personen die Verpflichtungen der Behörden nicht einklagen könnten. Das Bundesverwaltungsgericht hatte den EuGH angerufen, weil aus dem deutschen Recht kein Anspruch auf Aufstellung eines Aktionsplans hergeleitet werden könne. Man könne lediglich konkrete Maßnahmen - beispielsweise ein Verbot des Lastwagen-Verkehrs in bestimmten Straßen - einklagen.

Der Europäische Gerichtshof stellte hingegen jetzt fest, dass eine Privatperson die Aufstellung eines Aktionsplans erwirken können müsse, auch wenn sie noch andere Möglichkeiten habe, von den Behörden Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung zu erzwingen.

Hinsichtlich des Inhalts der Aktionspläne heißt es, die EU-Staaten seien nicht verpflichtet, „Maßnahmen dahingehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung kommt». „Ihnen obliegt - unter der Aufsicht der nationalen Gerichte - nur die Verpflichtung, im Rahmen eines Aktionsplans kurzfristig Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die Gefahr der Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und aller betroffenen Interessen auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren.»

pdf-Download: Erläuterungen zum Messverfahren

Quelle: Münstersche Zeitung vom 25.07.08


Feinstaub-Belastung steigt: Münster im Land auf Platz 7

Die Messstation an der Weseler Straße hat in diesem Jahr an 23 Tagen erhöhte Feinstaubwerte gemessen.

Münster. Bisher lag Münster in Sachen Feinstaub-Belastung noch im sprichwörtlich grünen Bereich: An höchstens 35 Tagen pro Jahr dürfen die in der EU festgelegten Grenzwerte überschritten werden, Münster erreichte diese Schwelle nicht. Das gestrige Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach Bürger bei Überschreitung der Grenze ihre Kommunen Aktionspläne gegen die Luftverschmutzung einklagen können, hat also momentan keine Bedeutung. Vorerst – denn die Chance, dass die Schallgrenze von 35 Überschreitungstagen Ende Dezember geknackt sein wird, war noch nie so groß wie in diesem Jahr. Mit bisher 23 Überschreitungstagen stand Münster gestern mit der Mess-Station an der Weseler Straße NRW-weit auf Platz sieben, bundesweit auf Platz 11.

Sollte die Bilanz am Ende mehr als 35 Tage mit erhöhter Feinstaubbelastung zeigen, könnten Münsteraner die Stadt gerichtlich zu einem Aktionsplan zwingen – wie der Anlieger der autobahnähnlichen Landshuter Allee in München, der jetzt am EU-Gerichtshof siegte. Damit es nicht soweit kommt, arbeitet die Bezirksregierung gemeinsam mit der Stadt an einem Luftreinhalteplan. Anlass dafür war aber im vergangenen Jahr nicht die Verschmutzung mit Feinstaub, sondern die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2).

Dafür werden 2010 europaweite Grenzwerte eingeführt. Und es sei bereits seit Längerem absehbar, dass der dann erlaubte Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft überschritten werde, sagt Veit Muddemann vom städtischen Umweltamt. Der Luftreinhalteplan, der noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, plane vor allem die Änderungen von Ampelschaltungen, um die Stauwahrscheinlichkeit zu verkleinern. Die Busse des öffentlichen Personennahverkehrs sollen mit neuen Abgasfiltern ausgestattet werden, die verhindern, dass auch das schädliche NO2 in die Luft ausgestoßen wird. Mehr Pendler dazu zu bewegen vom Auto auf die öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen, dabei helfe der Benzinpreis bereits mit.

An Fahrverbote oder die Einrichtung von Umweltzonen wie in anderen Großstädten, etwa Köln, Anfang des Jahres eingeführt, ist dem Vernehmen nach in Münster bisher nicht gedacht. Bisher ist der Nutzen der Umweltzonen nach Einschätzungen der Umweltbehörden noch nicht zuverlässig einschätzbar. Bei der Feinstaubbelastung spielt neben dem Verkehrsaufkommen vor allem die Witterung eine große Rolle. „Bei anhaltendem Nieselregen ist der wenigste Feinstaub in der Luft“, sagt Muddemann. Die Niederschläge in diesem Jahr seien bisher aber eher kurz und heftig.

VON KARIN VÖLKER, MÜNSTER

Quelle: Westfälische Nachrichten vom 25.07.08




Veröffentlicht am:
19:46:28 25.07.2008 von Bürgerinitative Landschaftsschutz Roxel e.V.