22.08.08 MZ - Der Chronist der Bäume

Der Chronist der Bäume
am 22.08.2008 14:21 Uhr
ROXEL Zielstrebig geht Wolfgang Schürmann den Waldweg entlang, streift den Rand eines Maisfelds. Wenn man ihm folgt, steht man unvermutet vor einer 20-Meter-Eiche wie vor einem längst vergessenen Bauwerk - versteckt zwischen Maispflanzen und dem Lärmschutzwall der A1. Für solche Individuen der Natur hat Schürmann einen Begriff geprägt: "Baumveteran".

Naturfreund Wolfgang Schürmann im Geäst eines seiner Favoriten, der Stieleiche im Maisfeld "am Rohrbusch".
Foto: Boeckmann
Schürmann hat die alten Eichen, Linden, Buchen und Weiden der Umgebung zu seinem Hobby gemacht. Ein Vortragsplakat bezeichnet ihn als "Dendrologen", sozusagen als Baum- und Gehölz-Gelehrten. Tatsächlich ist der Roxeler pensionierter Verwaltungsbeamter, und hat seine Leidenschaft erst spät entdeckt, "vor ungefähr vier Jahren", sagt er.
Die ersten Bäume fand und besuchte er mit Hilfe des Standardwerks "Wege zu alten Bäumen", das 200 bemerkenswerte Exemplare in Nordrhein-Westfalen verzeichnet, davon allerdings nur eine Hand voll in und um Münster. Dabei gibt es dutzende mehr zu entdecken, meint der Naturfreund.
100 bis 400 Jahre alt
Und er tritt mit seinen Fotos den Beweis an. Ob nun offiziell vom Grünflächenamt als Naturdenkmal ausgewiesen oder einfach auffallend schief oder liegend über dem Boden gewachsen, Schürmann dokumentiert die Bäume, die meisten sind 100 bis 400 Jahren alt.
"Bäume haben keine Lobby", sagt er und verweist auf eine mehr als 300 Jahre alte Eiche, gefährdet durch die geplante Lkw-Rasthof-Erweiterung am Roxeler Ortsrand. "Wenn die Eiche nicht mehr mitten im Maisfeld steht, sondern von einem asphaltierten Parkplatz umgeben ist, könnte sie absterben", fürchtet Schürmann. Dabei steht sie aufgrund ihres Alters und ihrer Größe unter Naturdenkmalschutz.
Fotoausstellung
Die bei seinen Radtouren entstandenen Fotografien stellt der 55-Jährige aus, auf großformatigen und gerahmt Fotos, zu sehen derzeit im Mühlenhof und in Saerbeck.
Richtig lebendig wird die Geschichte eines Baums allerdings bei der Erkundung vor Ort, dann erzählt Schürmann, was er zusammengetragen hat - aus Literatur und Gesprächen mit Anwohnern. Dazu gehört auch die Historie der "Krüsellinde" in Altenberge, unter der einst mit Strick und Schwert Gericht gehalten wurde. Oder wie der Missionar Bonifatius einst die Donar-Eiche gefällt hat - als Machtprobe mit den Heiden, die den Baum verehrten.
Quelle: Münstersche Zeitung online vom 22.08.08
Veröffentlicht am:
12:39:44 21.09.2008 von Bürgerinitative Landschaftsschutz Roxel e.V.